Kreide

Verpasster Fund eines seltenen "Riesen-Ammoniten" im Ruhrgebiet

Die Geschichte begann an einer Baustelle im Dortmunder Osten. Hier wurden einige Lagerhallen vergrößert. Dazu musste eine Böschung weichen und eine größere Fläche eingeebnet werden. Schnell war klar, dass es sich bei den erschlossenen Schichten um Oberturon handeln musste, da ich hier zahlreiche Seeigel und Schwämme auflesen konnte. Es lohnte sich also, diesen Aufschluss häufiger zu besuchen.
So kam es, dass ich an einem Freitag vom Baggerfahrer die Information bekam, dass eine bestimmte Fläche am Samstagmorgen ausgeschürft werden sollte. Gut - dachte ich, verabredete mich mit Karsten Genzel vor Ort und wir gingen dort gemeinsam auf die Suche. Nach einigen Stunden, bereits auf dem Rückweg zum Auto, stolperte ich über eine Erhebung, die wie ein Rohr aufrecht einige Zentimeter aus dem Boden ragte. Zum Scherz sagte ich zu Karsten: „Hey, schau mal, ein fossiles Rohr!"
Wir begutachteten das vermeintliche Rohr - bis dahin glaubte ich wirklich noch an ein Eisenrohr - doch tatsächlich handelte es sich um den Abdruck eines ziemlich großen Ammoniten. Genauer gesagt war es das Negativ der Nabelausfüllung.

 

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Fundzustand des Wohnkammerrests und Abdrucks nach erster Säuberung.

 

Leider hatte an diesem Morgen der Bagger gegen den riesigen Ammoniten gesiegt und ihn bereits größtenteils erfolgreich in einen LKW verfrachtet, der ihn zur Deponie verbrachte.

 

Spur

Spur der Baggerkette hinter dem Abdruck.

 

Wie man sich bei so einem Anblick mit wenig Aussicht auf ein Wiedersehen des verfrachteten Fossils fühlt, lässt sich kaum beschreiben.
Leider hatte Karsten keine Zeit mehr und musste weiter. Ich blieb noch dort und dokumentierte den Fund.
Mit Pinsel, Bürste und Kelle reinigte ich das Negativ, suchte möglichst alle Stücke zusammen, die der Bagger übrig gelassen hatte. Erst jetzt wurden mir die Ausmaße des Ammoniten so richtig klar. Der Maßstab zeigte eine Größe von ca. 180 cm, was den Abdruck angeht. Es fehlten allerdings die Negativstücke des Venters. So lassen sich zum Abdruck sicherlich noch einige Zentimeter Umfang hinzurechnen.
Die Wohnkammermündung war noch zu erkennen, so konnte ich einen Durchmesser von ca. 180 cm ermitteln.

 

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Abgefegte Oberfläche des Abdrucks.

 

Zahlreiche Fragmente konnte ich bergen, nahm sie mit und verpackte sie in der Hoffnung, sie später lückenlos zusammenfügen zu können.


Im nächsten Foto habe ich die Aufnahme gespiegelt, um dem Auge ein Positiv vorzutäuschen. So lassen sich die Ausmaße des Ammoniten besser erahnen.

 

gespiegelt

Dieses gespiegelte Bild gibt einen Eindruck von der Größe des Ammoniten.

 

In der Werkstatt wurden zunächst alle Stücke gereinigt und getrocknet. Dann begann die Puzzlearbeit. Stück für Stück konnte ich die Teile wieder zusammenfügen und sie zu einer großen Parabel zusammenkleben, allein diese misst 130 cm. In der Hauptsache besteht das Belegstück aus der Wohnkammer und drei Kammern des Phragmokons.

 

zusammen gesetzt

Zum Kleben und Restaurieren zurechtgelegte Teile der Wohnkammer.

 

Phragmocon Phragmocon 1

Links das Phragmokon mit komplexer Lobenzeichnung und rechts die Kammerscheidewände im Querbruch. Die Beschädigung durch die Baggerschaufel lässt sich im oberen Bildbereich deutlich erkennen.

 

Aufgrund der breiten Berippung und der kräftigen Loben vermute ich ein Exemplar der Gattung Puzosia, möglicherweise sogar Parapuzosia. Das wäre dann die Gattung, der auch das größte je gefundene Exemplar angehört, das im Museum für Naturkunde in Münster ausgestellt ist.

 

Parabel Parabel 2

Die restaurierte Wohnkammer.

 

Parabel 1

 

Parabel 3

 

Aufgrund der enormen Größe habe ich das Fundstück ans Westfälische Museum für Naturkunde Münster abgegeben.