Oberer Jura

Schneidia mit Ohr

Im folgenden wird ein besonderer Fund von Ataxioceras (Schneidia) cf. guilherandense ATROPS aus dem oberen Malm Gamma 1 (Platynota-Zone, Guilherandense-Subzone) aus dem Steinbruch Endress (Gräfenberg) beschrieben. Das rund 9 Zentimeter messende Stück ist leider nur als Negativ überliefert, zeigt dafür als Besonderheit den kompletten Mundsaum mit der Apophyse (Ohr).

 


Guilherandense_mit_Ohr.jpg
Auch wenn man ein Positiv zu erkennen glaubt: Der Ammonit liegt nur als Abdruck vor.

 

Atrops hatte 1982 die Orthosphincten und Ataxioceraten des Unterkimmeridgiums (Platynota- und Hypselocyclum-Zone) revidiert. Die untersuchten Schichten im Südosten Frankreichs entsprechen dem fränkischen Malm Gamma 1 und 2. Dabei hatte Atrops für mikrokonche und relativ engnabelige frühe Ataxioceraten aus dem oberen Malm Gamma 1 die neue Untergattung Schneidia aufgestellt und diese wie folgt definiert: Flach-scheibenförmig, relativ engnabelig, Durchmesser ausgewachsener Exemplare meist unter zehn Zentimetern, Zahl der Hauptrippen ab einem Durchmesser von etwa 30 bis 50 Millimetern deutlich abnehmend, Einschnürungen häufig, Parabelrippen und –knoten fehlend, Endmundsaum in einer dünnen und kurzen Apophyse endend, Rippenspaltung im oberen Flankendrittel meist bipartit und polygyrat mit einzelnen Schaltrippen. Dazu kommt noch als besonderes Merkmal die Ausbildung subpolypoker Rippeneinheiten, dergestalt, dass sich immer wieder Hauptrippen in der Nähe der Nabelkante in zwei Teiläste aufspalten oder dort gebündelt sind. Für den oberen Malm Gamma 1 und den unteren Malm Gamma 2 hatte Atrops die neuen Arten Schneidia guilherandense, Schneidia elmii, Schneidia collignoni, Schneidia fontannesi und Schneidia lussasense aufgestellt. Ihnen werden als Makrokonche Ataxioceraten der striatellum-Gruppe zugeordnet (unter anderem Ataxioceras striatellum, Ataxioceras eudiscinum und Ataxioceras litorale).

 

 

 

Inwieweit die einzelnen Arten berechtigt sind, kann ich derzeit nicht beurteilen. Ich denke aber, dass zumindest Schneidia guilherandense, Schneidia elmii und Schneidia fontannesi die Variationsbreite einer einzigen Chronospezies sein dürften. Ein großes Verdienst von Atrops liegt meiner Meinung in dessen Erkenntnis, dass es auch bei relativ engnabeligen Ataxioceraten mikrokonche Formen mit Apophysen gegeben hat. Trotzdem sind dadurch keineswegs alle Probleme aus dem Weg geräumt. Zum einen ist die Ableitung von Schneidia und deren makrokonchen Partnern via Ardesica desmoides (sensu Atrops) umstritten. Eigene Beobachtungen lassen auch späte Vertreter der Gattung Subdiscosphinctes als Stammväter von Schneidia möglich erscheinen. Vor allem die markanten subpolyploken Rippeneinheiten sind Spezialitäten von Subdiscosphinctes und Schneidia (beziehungsweise auch von deren makrokonchen Partnern), die sonst so bei keinen anderen Perisphinctiden-Gattungen in vergleichbaren Schichten anzutreffen sind.

 

 

 

Zum anderen hat Atrops zwar die Ausbildung von Apophysen bei engnabeligen Schneidien beschrieben, aber keines der abgebildeten Originale von Schneidia guilherandense zeigt dieses Merkmal, so dass Atrops sogar die Hypothese aufgestellt hat, dass bei der Mehrzahl er Mikrokonche die Apophysen bis zur Unkenntlichkeit reduziert worden seien. Gegen diese Überlegung spricht das hier abgebildete Negativ aus Gräfenberg. Die Apophyse ist zwar relativ dünn, allerdings nicht grundsätzlich anders als bei vergleichbaren Ardescien oder Orthosphincten. Auf keinen Fall aber kann sie jedoch als kurz oder rückgebildet angesehen werden. Eine ähnlich gut entwickelte und noch dazu sehr breite Apophyse bildet Atrops bei einer Schneidia elmii ab. Der Ammonit ist jedoch deutlich weitnabeliger als typische Vertreter von Schneidia.

 

 

 

Fazit: Es kann davon ausgegangen werden, dass alle Mikrokonche von Schneidia im erwachsenen Stadium Apophysen ausgebildet haben. Aufgrund der ungünstigen Einlagerungsbedingungen dürfte dieses zarte Detail in den meisten Fällen fossil nicht überliefert sein. Formen mit nachweisbar glattem Mundsaum sind entweder als jugendliche Tiere oder als kleinwüchsige Makrokonche anzusprechen. Form und Länge der Apophyse scheint einer ähnlich großen Variationsbreite wie etwa bei Ardescia, Orthosphinctes oder Parataxioceras unterworfen zu sein. Als Kriterium zur Abgrenzung von Gattungen oder Arten halte ich sie für ungeeignet.

 


 

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