Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

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Sönke
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Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Sönke » Sonntag 11. Februar 2024, 14:23

Zum Artikel von Wolfgang Wiesenmüller

Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer



Kurzfassung:
Franken ist unter Fossiliensammlern und Paläontologen hauptsächlich für jurazeitliche Funde aus der Fränkischen Schweiz bekannt. Dass es dort auch deutlich ältere Fossilien zu entdecken gibt, ist zwar auch kein Geheimnis, aber diese Tatsache findet normalerweise deutlich weniger Beachtung. So können auf Äckern in den Landkreisen Roth und Erlangen-Höchstadt verkieselte Hölzer aus dem Perm und dem Keuper gesammelt werden. Zwar erscheinen diese Stücke auf den ersten Blick oft unspektakulär, doch bei Betrachtung von Schliffen unter einem Auflichtmikroskop offenbaren sie dann oftmals doch verblüffende Details (wie z. B. Zellerhaltung, Stiftäste usw.). Diese können nicht nur ästhetisch sehr ansprechend sein, sondern ermöglichen auch faszinierende Einblicke in die spannende Entstehungsgeschichte dieser Hölzer. Für seinen umfangreichen Bericht hat Wolfgang Wiesenmüller nicht nur ausgewählt schöne Stücke zur Illustration ausgewählt, sondern er liefert auch Erklärungen zur Interpretation der Funde bzw. der Schliffbilder mit. Wer bislang irrig annahm, dass diese Hölzer „alle gleich aussehen“ und wenig aussagekräftig seien, erfährt im Bericht, dass das Gegenteil der Fall ist.


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Liebe Mitglieder,

Ihr seid - wie immer - herzlich zur Diskussion des Beitrags bzw. Themas mit dem Autor eingeladen!

Gibt es Fragen an den Autor?

Feedback ist - wie immer - ausdrücklich erwünscht!
Und in diesem Fall natürlich auch das Zeigen eigener Funde von Keuper- oder Permhölzern aus Franken bzw. von Referenzstücken aus anderen Regionen oder Ländern.

@Wolfgang: Dir danke ich nochmals herzlich für Deinen großartigen 2. Homepage-Bericht. Schon der Bericht "Zu Besuch im Museum de l’Ardèche in Balazuc (Südfrankreich)" hatte mir sehr gut gefallen. :top: Also: Jederzeit gerne wieder. :)

Beste Grüße
Sönke, stellvertretend für die Steinkern-Redaktion
Dateianhänge
Abb_24_860px.jpg
Bildbeispiel aus dem Bericht: Vermutlich durch Pilzfraß stark angegriffenes Gewebe. Die Pilze haben die weniger widerstandsfähigen Bestandteile der Zellen zersetzt, so dass sich der Zellverband insbesondere in den Bereichen mit dunkler Matrix in einzelne Zellen auflöste, die nicht mehr miteinander in Verbindung stehen. Übrig blieben dann oft nur die besonders harten Sekundärwände der Zellen, zu erkennen als ringförmige Strukturen. Foto und Sammlung: Wolfgang Wiesenmüller.
Abb_24_860px.jpg (224.45 KiB) 5860 mal betrachtet

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Tapir
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Tapir » Sonntag 11. Februar 2024, 14:28

Zuerst einmal: großartieg Abbildungen/Fotos!

Könnte das Holz in Abb. 9 eine Woodworthia sein?
Glück auf!

Johannes Kalbe

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WolfgangW
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Sonntag 11. Februar 2024, 19:57

Hallo Johannes, vielen Dank 😉. Ja, von Zeitstellung und Habitus her könnte es sich tatsächlich um eine Woodworthia handeln, die ja letztendlich auch zu den frühen Koniferen gehörte. Eine wirklich zweifelsfreie Ansprache auf Gattungsebene ist meines Wissens allerdings nur basierend auf den Wandstrukturen (Tüpfel) der Kreuzungsfelder möglich, erfordert die Anfertigung von Dünnschliffen und sehr viel Erfahrung. Noch einen schönen Abend! Gruß Wolfgang

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Hechtzahn
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Hechtzahn » Montag 12. Februar 2024, 21:33

Sehr vielen Dank für deinen gut verständlichen Bericht,fränkischer Kieselhölzer, ich habe in mehrfach gelesen und bin begeistert. :top:

Ein Holz aus dem Lopingium am Fundort belassen.
https://photos.google.com/archive/photo ... 4mifJGhy2O
Das Merkwürdigste an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, daß man unsere Zeit später die gute alte Zeit nennen wird.

Mit freundlichen Grüßen aus Unterfranken

Micha

WolfgangW
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Montag 12. Februar 2024, 22:26

Hallo Micha, freut mich, dass Dir der Artikel gefallen hat. Ja, versteinerte Hölzer haben schon ihren ganz besonderen Reiz. Schöne Grüße nach Unterfranken, Wolfgang

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Günni F » Dienstag 13. Februar 2024, 12:16

:top:
Danke für den tollen Bericht. Schön, dass unsere Keuperhölzer mal entsprechend gewürdigt werden. Oft führen sie -auch in Sammlerkreisrn-eher ein Schattendasein. Dabei gibt es noch ausreichend Fundstellen: ich selbst hab Hölzer im Keller aus dem Raum Coburg, Bayreuth, Weisendorf, Rattelsdorf, Adelsdorf, dem Gebiet um Roth. Pleinfeld.,, da kann jeder/jede noch relativ leicht fündig werden. Und es ist nichtmal eine Präparaton notwendig.
Jetzt reizt es mich fast, mir auch so ein USB-Mikroskop zuzulegen. Da tut sich ja nochmal eine ganz andere Welt auf! Vielen Dank nochmal.

Beste Grüße!
Günni

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Tapir » Dienstag 13. Februar 2024, 13:08

Ergänzend: einige sind leicht UV-aktiv, und ich meine mich erinnern zu können, dass bei einigen durchaus interessante Strahlungswerte messbar sind (?) ….
Glück auf!

Johannes Kalbe

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Dienstag 13. Februar 2024, 21:41

Hallo Günni, danke, da bin ich ganz bei Dir. Da das Gebiet so weitläufig ist, hat eigentlich jeder die Chance, selbst etwas zu finden. Das mit dem Mikroskopieren kann ich nur empfehlen, da freut man sich dann bei guten Stücken immer zweimal: Das erste Mal, wenn man sie findet, und dann nochmal, wenn man mit dem Mikroskop etwas Schönes entdeckt. Und das beste ist, dass oft kleine Stücke die interessantesten sind. Da sie von anderen Sammlern üblicherweise liegen gelassen werden, geht einem das Material nicht aus. Und sie nehmen weit weniger Platz in der Sammlug weg als grosse Stücke - nach Jahrzehnten des Sammelns ein echter Vorteil 😉. Dann noch weiterhin viel Spaß mit "unseren" Hölzern. Schöne Grüße, Wolfgang

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Triassammler » Montag 19. Februar 2024, 17:03

Hallo Wolfgang,

ganz herzlichen Dank für den ausführlichen und sehr informativen Artikel! Ich denke, ich kann ermessen, was für ein Aufwand dahinter steckt - zunächst, sich das notwendige Wissen draufzuschaffen, und dann noch aussagekräftige Mikroskopbilder anzufertigen. Respekt! Als konzises Kompendium zum Thema Keuper-Kieselhölzer weiß ich den Artikel sehr zu schätzen.

Was die erwähnten Rauchquarze angeht, kann es sein, dass es sich dabei um gewöhnlichen Quarz handelt, der durch Kohlenstoffeinschlüsse verunreinigt ist?

Was mich noch zu der Frage von Johannes bringt, ob diese Kieselhölzer eine erhöhte Radioaktivität aufweisen: Ich habe gerade mal eine Kiste aus Abenberg und zum Vergleich noch eine Schublade aus den Löwensteiner Bergen angemessen und stelle bei beiden keine gegenüber der Umgebung erhöhte Gammastrahlung fest.

Grüße,
Rainer
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von primigenius » Mittwoch 21. Februar 2024, 22:41

Hallo Wolfgang,
dein Bericht begeistert mich einfach nur! Obwohl ich mich in der Materie kaum auskenne, konnte ich deinen Ausführungen immer folgen. Dazu die fantastischen Bilder in sehr guter Auflösung. Dein Bericht übt auf mich einen großen Reiz aus, mich auf die Suche nach fossilen Hölzern zu machen. ;)
Vielen Dank für diese tolle Arbeit!
Grüße aus dem Hexental
Emil

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Dienstag 27. Februar 2024, 22:09

Hallo Emil, freut mich, dass ich rüberbringen konnte, was mich an diesen Hölzern so fasziniert. Dann viel Erfolg bei der Suche .... Schöne Grüße, Wolfgang

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Dienstag 27. Februar 2024, 22:33

Hallo Rainer, vielen Dank für die Blumen 😉. Hinsichtlich erhöhter Radioaktivität bei einzelnen Stücken finden sich im Netz unterschiedliche Angaben. Ist eine interessante Frage. Ich selber habe leider nicht die Möglichkeit, meine Stücke zu vermessen. Zu den Hölzern aus dem Raum Erlangen gibt es wohl eine Veröffentlichung zu diesem Thema von D. Rumpel. Ich werde mal versuchen, da dran zu kommen, und dann die wesentlichen Aussagen hier noch nachzureichen. Echte Rauchquarze würden auf zeitweise vorhandene, energiereiche ionisierende Strahlung hinweisen. Diese Rauchgaszentren sind metastabil und würden beim Erhitzen auf über 180°C zerstört werden. Das wollte ich meinem Stück nicht zumuten 😉. Tatsächlich kämen aber auch, wie von Dir angesprochen, Einschlüsse von z.B. Bitumen als Farbgeber in Betracht. Um das abschliessend zu klären, wären weitergehende Untersuchungen eventuell vorhandener Einschlüsse notwendig. Die dafür erforderlichen Hilfsmittel fehlen mir leider.

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Freitag 12. April 2024, 08:51

Wie versprochen habe ich den aktuellen Wissensstand zum Thema „Radioaktivität fränkischer Kieselhölzer“ recherchiert und nachfolgend nach bestem Wissen und Gewissen zusammengefasst. Als Laie musste ich mich dafür allerdings erst in die nicht ganz einfache Thematik einarbeiten, was etwas gedauert hat. Meine Quellen waren - neben Informationen aus dem Internet - folgende Veröffentlichungen (vielen Dank an all diejenigen, die mich bei der Beschaffung dieser Literatur unterstützt haben):

(1) Rumpel, D.; Zastrow, E. 1982: Radioaktivität von Kieselhölzern - Verteilung in den fränkischen Fundstellen. Geol. Bl. NO-Bayern 32: 45 - 57, Erlangen
(2) Zastrow, E. 1980: Uranvererzung in Kieselhölzern aus Oberfranken. Geol. Bl. NO-Bayern 30: 91 - 99, Erlangen
(3) Lorenz, J. (Hrsg.). 2023: Aus Holz wurde Stein: Fossiles und „versteinertes“ Holz aus Wetterau, Vogelsberg, Spessart, Rhön und Franken. Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg, Band 31, Karlstein a. Main
(4) Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL). 2018: Natürliche Radioaktivität - Im Alltag und an Arbeitsplätzen, Dresden

1982 untersuchte D. Rumpel 900 Hölzer von 30 fränkischen Fundstellen auf Radioaktivität. Bei der Messung wurden die Hölzer mit der Eintrittsfläche eines Zählrohrs allseitig auf Kontakt umfahren, und der höchste auftretende Wert der Impulsrate für Alpha- und Betastrahlung als deren Aktivität definiert. Das Ergebnis dieser eher qualitativen Untersuchungen war wie folgt:

An Kieselhölzern von Fundstellen südlich von Bamberg (also beispielsweise auch aus den Landkreisen Roth und Erlangen-Höchstadt) konnte keine Radioaktivität nachgewiesen werden. Nur nördlich von Bamberg waren Hölzer mit merklicher Aktivität zu finden. Im Einzelnen stammten diese von den Fundstellen Birkenfeld, Burgpreppach, Dietersdorf, Gleismuthausen, Hohnhausen, Köslau, Lützelbuch, Maroldsweisach und Rattelsdorf. Die Radioaktivität war auf einen erhöhten Urangehalt zurückzuführen. Dabei wurde festgestellt, dass der Urangehalt der Hölzer nördlich von Bamberg von SO nach NW zunahm. Radioaktives Begleitgestein wurde nicht gefunden.

Bei den von der nordwestlichsten Fundstelle Wachtelrangen nahe Gleismuthausen (Landkreis Staffelstein) stammenden Hölzern konnte D. Rumpel bei etwa 3% der Stücke Impulsraten zwischen 10000 und 14000 Impulse pro Minute gemessen. Bei 11 % der Stücke lag die Impulsrate zwischen 5000 und 10000, bei 43% zwischen 1000 und 5000 und bei den restlichen 43% unter 1000. E. Zastrow konnte für diese Hölzer einen maximalen Urangehalt von 0,15 Gewichts-% nachweisen. Dabei war das Uran wolkig-homogen über die Proben verteilt, mit einzelnen konzentrierten Stellen.

Bei den von der südöstlichsten Fundstelle Rattelsdorf nahe Bamberg stammenden Hölzern konnte E. Zastrow hingegen an etwa der Hälfte der untersuchten Stücke nur eine leicht erhöhte Aktivität feststellen. Lediglich in einem Fall lag die Impulsrate bei 600 Impulsen pro Minute, bei den restlichen Stücken bei maximal 300.

Dies deckt sich mit den Aussagen aus dem gerade erst erschienenen Band 32 der Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg zu fossilem Holz. In einer umfangreichen Sammlung mit Kieselhölzern aus dem Landkreis Roth fand sich kein einziges uranhaltiges Stück, während aus den weiter nördlich und nordwestlich gelegenen Mainschottern vereinzelt uranhaltige Stücke beschrieben werden. Insgesamt sei die Anzahl der uranhaltigen fossilen Hölzer - gemessen an der Zahl der untersuchten Hölzer - jedoch sehr gering. Interessant ist der Hinweis, dass einige uranhaltige Hölzer unter kurzwelligem UV-Licht eine intensive grüne Fluoreszens zeigen, die jedoch bei höheren Eisengehalten auch überdeckt sein kann.

Ein Erklärungsmodell, das zu den bislang vorliegenden Befunden passen würde, wäre folgendes:
Als Quelle der Keupersande kommen granitische Gesteine in Frage, die etwas höher Urangehalte aufweisen. Die Durchlüftung temporärer, im Inneren des Keuperbeckens entstandener Flachwasserseen reichte aus, um eingeschwemmtes Uran als 6-wertige Uranylionen in Lösung zu bringen. Der im Holz vorkommende Kohlenstoff wirkte anschließend als Reduktionsmittel, so dass das Uran ausfiel und in Form von Mineralien wie Uraninit und /oder Coffinit im Holz fixiert wurde. Dies muss vor oder während der Verkieselung des Holzes erfolgt sein, da ein anschließendes Eindringen von Uranyl-Ionen in den festen Quarz ausgeschlossen werden kann (im Bereich von Rissen im Kieselholz wurde keine höhere Aktivität festgestellt als im Rest des Materials). Das im Kieselholz gebundene Uran ist extrem verwitterungsbeständig und damit nicht mehr wanderfähig. In Trockenperioden verkleinerten sich die Flachwasserseen in Richtung NW, was zu einer höheren Urankonzentration im Wasser und damit auch anschließend in den unter diesen Umständen gebildeten Kieselhölzern führte. Weiter südlich reichte der Zeitraum, in dem die Hölzer durch uranführende Wässer bedeckt waren, offenbar nicht aus bzw. waren die Urankonzentration im Wasser zu gering, um höhere Urankonzentrationen durch den oben beschriebenen Mechanismus in den Kieselhölzern entstehen zu lassen. Daher zeigen diese Hölzer keine erhöhte Aktivität.

Will man die für Kieselholz festgestellten Aktivitäten (Impulse pro Minute ohne Bezug auf die Masse des Kieselholzes) mit anderen natürlichen Strahlungsquellen vergleichen, scheitert man leider daran, dass Aktivitäten üblicherweise als spezifische Aktivitäten in Becquerel pro kg Material angegeben werden, wobei 1 Becquerel einem Zerfall (Impuls) pro Sekunde entspricht. Dennoch habe ich im Nachfolgenden ein paar Angaben zusammengestellt, die ich der Veröffentlichung „Natürliche Radioaktivität - Im Alltag und an Arbeitsplätzen“ des Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft entnommen habe. Durch die Einlagerung natürlicher Radionuklide in die Knochensubstanz und Organe enthält der menschliche Körper radioaktive Stoffe (hauptsächlich Kalium-40), deren Aktivität bei etwa 120 Becquerel pro kg Körpergewicht liegt. Das in Granit natürlicherweise vorkommende Kalium-40 verursacht eine Aktivität in einem Bereich zwischen 600 und 4000 Becquerel pro kg, in Ziegeln und Klinker immerhin noch zwischen 100 und 2000 Becquerel pro kg. Interessant ist auch noch folgende Angabe, die ich im Internet gefunden habe: In Deutschland sind für Lebensmittel Belastungsgrenzwerte für Radioaktivität festgelegt. Sie liegen pro Kilogramm Nahrung bei 600 Becquerel, für Babynahrung und Milch ist der Wert mit 370 Becquerel deutlich niedriger.

Die in Kieselhölzern vorkommenden Uranisotope zerfallen über zahlreiche Zwischenprodukte unter überwiegender Abgabe von Alpha- und Betastrahlung bis hin zu stabilen Bleiisotopen. Nur bei Bildung eines dieser Zwischenprodukte entsteht dabei auch ein verschwindend geringer Anteil an Gamma-Strahlung (0,16%).

Meine ganz persönliche Gefährdungseinschätzung:
Die Reichweite von Alphastrahlung beträgt in der Luft nur wenige Millimeter bis maximal zehn Zentimeter und schon ein Blatt Papier reicht aus, um sie abzuschirmen. In organisches Material dringt Alphastrahlung nur bis etwa 40 Mikrometer ein. Beim Menschen entspricht das der Dicke der obersten Hautschichten, die nur aus toten Zellen bestehen. D.h. Alphastrahlung außerhalb des Körpers ist als unkritisch einzuschätzen. Werden Alphastrahler hingegen durch Nahrung oder Einatmen in den Körper aufgenommen, sind sie ungleich gefährlicher, da sie dann lebende Zellen schädigen können. Betastrahlung hat in Luft eine deutlich größere Reichweite, die je nach Energie der Strahlen einige Zentimeter bis wenige Meter beträgt. Schichten von dichteren Materialien wie Aluminium, Glas oder Plexiglas schirmen Beta-Strahlung schon bei wenigen Millimetern Dicke ab. Ist der menschliche Körper von außen kommenden Betastrahlen ausgesetzt, können Hautschichten geschädigt werden. Wie auch bei den Alphastrahlern sind Betastrahler deutlich gefährlicher, wenn sie in den Körper aufgenommen werden.

Bei Kieselhölzern sind die Radionuklide zum Glück fest in den Quarz eingebunden, so dass die Gefahr von Abrieb und damit Aufnahme in den Körper aus meiner Sicht als vernachlässigbar gering einzustufen ist. Bei verdächtigen Stücken könnte es sich allerdings empfehlen, sie in einer Vitrine hinter einer Glasscheibe aufzubewahren.

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Triassammler
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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von Triassammler » Freitag 12. April 2024, 10:30

Hallo Wolfgang!

Ganz herzlichen Dank für die Aufbereitung der Thematik! Es geht da ja schon sehr ans Eingemachte, und die erwähnten Quellen erschließen sich nicht jedem auf Anhieb.

Superinteressant ist, dass die Urangehalte nicht als Kuriosum für sich stehen, sondern Rückschlüsse auf das Paläoenvironment und die Paläogeographie zulassen.
WolfgangW hat geschrieben:
Freitag 12. April 2024, 08:51
Bei Kieselhölzern sind die Radionuklide zum Glück fest in den Quarz eingebunden, so dass die Gefahr von Abrieb und damit Aufnahme in den Körper aus meiner Sicht als vernachlässigbar gering einzustufen ist. Bei verdächtigen Stücken könnte es sich allerdings empfehlen, sie in einer Vitrine hinter einer Glasscheibe aufzubewahren.
Wenn man, wie es ja doch häufig geschieht, Kieselhölzer schneidet oder verdünnschlifft, ist die Gefahr der Inkorporation von Stäuben und Partikeln in Lunge und Verdauungstrakt erhöht. Allerdings sind in diesem Kontext die Gefahren durch Silikose oder die Schädlichkeit bestimmter Kühlmittel deutlich höher zu bewerten. Auch bedenkenswert ist die Frage, welcher Radiumeinwirkung ein Fossiliensammler sich aussetzt, der mehrere Stunden pro Woche oder sogar täglich in einem Kellerraum präpariert.

Wie du erwähnt hast, ist die Zerfallsreihe des Uran - im vorliegenden Fall mit Fokus auf das häufigste natürliche Isotop 238U - ebenfalls zu beachten, weil es hier zur Entstehung einer Vielzahl von Elementen kommt, deren chemische und physiologische Eigenschaften nichts mit dem Ausgangselement zu tun haben: https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-Radium-Reihe

In dieser Reihe entsteht unter anderem Radium (226Ra), das nicht nur stark radioaktiv ist, sondern auch sehr giftig, und das wasserlösliche Verbindungen bilden kann, worauf hin es dann mit kontaminiertem Wasser in den Körper aufgenommen werden kann. Aus dem Zerfall des Ra resultiert Radon (222Rn), dessen Wirkungen ja schon angesprochen wurden. Weiter unten wird es interessant, wo mehrere Thallium- und Bleiisotope entstehen, die allesamt einigermaßen gut wasserlöslich sind, in saurem Milieu noch besser (die antike Methode, Wein und saure Saucen durch Lagerung in Bleigefäßen geschmacklich abzurunden, beruht auf der Bildung von süß schmeckendem Bleiacetat).

Über all das kann sich Gedanken machen, wer die in esoterischen Kreisen beliebte Empfehlung, Kieselholz ins Trinkwasser zu legen, befolgen möchte.

Grüße,
Rainer
Wir müssen wissen, wir werden wissen!
-- David Hilbert

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Re: Verborgene Schönheit fränkischer Kieselhölzer

Beitrag von WolfgangW » Freitag 12. April 2024, 14:12

Hallo Rainer, herzlichen Dank für die wertvollen Ergänzungen. Schöne Grüße, Wolfgang

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