Die Messe von Ste. Marie aux Mines im Jahr 2012

Nach Frankreich der Fossilien wegen? Ein Reisebericht über einen Kurztrip zur Messe in Ste. Marie aux Mines im Elsass


Die Entscheidung fiel kurzfristig. Wir wollen ein verlängertes Wochenende ausspannen. Der Urlaub wurde eingereicht und die Genehmigung ließ nicht lange auf sich warten. Schnell wurde noch ein Hotel gesucht, gebucht und dann ging es auch schon bald los.

Gestartet wurde am Freitag den 22.06.2012 gegen 10 in der Nähe von Landshut. Ein Ritt von etwas über 500 Kilometern musste absolviert werden. Gemütlich ging es über die Autobahnen, lediglich bei Karlsruhe gab es einen Abschnitt mit sehr zähem Verkehrsfluss, ansonsten war die Strecke frei und bis dahin die Straßen von guter Qualität.
Gegen 15 Uhr querten wir den Rhein, konnten aber auf dessen Grunde keine angezeichnete Grenzlinie erkennen.

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Mit dem Erreichen Frankreichs änderte sich vieles. Die Straßenbegrenzung ist anders (weil häufiger mal nicht vorhanden). Wer auf deutschen Autobahnen die Strecke verlassen will oder muss, endet zumeist in den Leitplanken, auf den von uns befahrenen Abschnitten in Frankreich zumeist ohne Hindernisse, in einem Maisfeld. Ja und da wo des Deutschen liebstes Verkehrsregulativ stünde, die Ampel, haben die Franzosen den Kreisverkehr. Und die Franzosen haben viele Kreisverkehre, sehr viele!
Es geht mitunter sogar soweit, dass in ländlichen Regionen Warnschilder aufgestellt werden, wenn doch einmal eine Ampel kommt!

Gegen 16 Uhr erreichten wir Colmar. Unmittelbar an der Einfahrt zur Stadt schaut man erstaunt auf eine große Nachbildung der Freiheitsstatue, die man eher in Paris erwartet hätte, die hier jedoch zu Ehren Ihres Erschaffers aufgestellt wurde.

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Das Einchecken klappt problemlos, die Hütte hat den Charme einer Jugendherberge, aber das ist egal, denn so wird der Trip etwas abenteuerlicher und hat etwas von Camping.
Auf zur nächsten Tat! Mit rudimentärem Restfranzösisch aus Schulzeiten wird das Personal interviewt um herauszubekommen, wo der nächste Super U (ein Supermarkt) zu finden ist. Dies funktionierte ausgesprochen gut und das Ziel konnte leicht gefunden werden. Allerdings sollte man dort nicht hungrig einfallen. Die Käsetheke, die Pasteten und die Terrinen lachen einen derart an, dass man sich am liebsten durch die ganze Auslage essen möchte. Dann die Salamis, Schinken, das Geräucherte, ja und schließlich noch Wein und Cidre.

 

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Zurück ging es jedenfalls mit einem gut gefüllten Autokühlschrank, Baguettestangen, Tomaten und ein paar Flaschen Cidre zu einem herrlich romantisch rustikalen Abendessen.

Am nächsten Morgen, Samstag, stehen wir auf, bevor es überhaupt Frühstück gibt und machen uns auf den Weg nach Ste. Marie. Das Wetter ist herrlich, die Luft kühl und klar.


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Wieder geht es durch eine Menge Kreisverkehre und die Maisfelder werden von Weinbergen abgelöst. Innerhalb der Ortschafen auffallend viele Blumen, alles ist bunt. Nach etwas mehr als einer halben Stunde ist Ste Marie erreicht. Die Idee war, sich auf den Parkplatz eines Supermarktes zu stellen, um dem Park and Ride zu entgehen, doch dort wird man bereits um halb acht von der Securité empfangen. Parken nur für eine halbe Stunde. „Wir suchen einen Platz für einen ganzen Tag, können sie da helfen?“. „Dann stellen Sie sich am besten dort hin“. Keine 50 Meter weiter sind noch ein paar freie Plätze. Schnell ist das Auto umgesetzt und es geht in die Stadt.

Da die Messe erst um 9 Uhr öffnet, bleibt genug Zeit für einen Spaziergang durch die Örtlichkeiten außerhalb des für die Messe gesperrten Innenstadtbereiches. Viele Häuser sehen für deutsche Verhältnisse schlecht aus. Die den Straßen zugewandten Fassaden würden hier unangenehm für Aufsehen sorgen. Man erkennt jedoch, dass der Ort einstmals reich war, zur Zeit des Silberbergbaus im Val d´Argent.

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Die Innenhöfe sind wahre Kleinodien, bunte und gepflegte Oasen in denen man sich mehr als Wohlfühlen kann. Offensichtlich legt man hier nicht so viel Wert auf Äußerlichkeiten.

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Nach zehn Minuten erreichen wir den ersten Bäcker. Das Französische Frühstück ist bekanntlich ja eher dürftig, aber der Duft von Kaffee und frischen Croissants zieht jeden in seinen Bann. Das Gebräu ist kräftiger als daheim und das Gebäck ungleich besser.
Weiter geht es durch den Ort. Ein kleiner Wochenmarkt liegt auf dem Weg. Ein ganzer Stand voller Brot, wie man es in der Heimat nur selten findet, unregelmäßige Laiber, riesengroß, mit teilweise geschwärzter Rinde. Allein der Anblick ist schon ein Genuss!!! Daneben geräuchertes und Dauerwurst. Ebenfalls frisch, ungenormt in Form und Gewicht.

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Immer wieder kreuzen wir einen größeren Bach, der heimelige, wunderschöne Eindrücke des Ortes offenbart, der ihn in seinem Bett so einzwängt.

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Auch an den Häusern gibt es einiges zu entdecken. Seien es die mitunter interessant bepflanzten Blumenkästen, in denen sich keine Blumen, sondern Gemüse befinden, oder auch die interessanten schmiedeeisernen Geländer, die Fensterläden oder Fenstergitter.

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Die Uhr geht auf neun zu und wir orientieren uns in Richtung eines der Eingänge. Der Kaffee drängt und so zieht es uns auf eine öffentliche Toilette. Hm, kein Papier… Ach so, da steht, dass man dies selber mitbringen muss. Okay. Was sind denn das alles für Düsen und Dinger? Keine Ahnung, wir sind halt in Frankreich. Dann Benutzerwechsel. Die Tür schließt sich, plötzlich zischende Geräusche, ein Quieken und Schimpfen. Das ist also die Lösung der ganzen komischen Teilchen… Eine High-Tech Toilette mit eingebauter Touristenfalle! Nach jeder Benutzung wird das ganze Ding vollständig desinfiziert! Fußboden, Schüssel, die sich wie von Geisterhand bewegende Klobrille, alles wird geflutet und entkeimt. Ja und wenn man diesen Zyklus eben nicht abwartet, zu schnell ist, dann steht man quasi im Regen.

Wir erreichen den Messeeingang, keine Schlangen, man bekommt schnell seine Karte. Auch gibt es keine Schwierigkeiten in der Verständigung. Und erst jetzt wird es einem bewusst, vor vier Jahren war es noch anders, eine Verständigung auf Deutsch war schwierig und heute, am Parkplatz, beim Bäcker, auf dem Markt und jetzt beim Eintritt auf die Messe läuft die Verständigung reibungslos!

Auf geht es, mal sehen was die Messe dieses Jahr zu bieten hat. Gleich zu Beginn ein paar Marokkaner. Gefolgt von Schmuckständen.

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Wir treiben durch die Gänge, schauen hier und dort - immer darauf bedacht nicht einer Reizüberflutung zu erliegen.


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In der Halle dann der erste Bekannte. Horst Heisig zeigt schöne Trilobiten aus aller Welt. Gleich darauf folgt Harald Prescher, Auch er zeigt Trilobiten und bietet ein reiches Repertoire an Werkzeugen zum Kauf an.

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Harald Prescher

 

Eine Reihe weiter finden wir Philipp Krüger mit seinen tollen Präparaten:

 

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Eine einzigartige und aufwendig präparierte Crinoidenplatte aus dem Angebot von Philipp Krüger.

 

Dann der erste Aufreger! Eine Platte aus der Unterkreide Marokkos, so zumindest die Aussage des Händlers, mit Seesternen. Der Preis ist heftig vierstellig. Vielleicht etwas überzogen, da drei Steine da waren, wenn auch nicht mit gleichwertigem Besatz.

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Nicht weit weg, finden wir einen französischen Anbieter mit Pflanzenfossilien aus dem Saarkarbon. Mein Gott, wie können die doch schön sein!

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Und dann kommt es zum ersten Kauf. Ein Brite bietet ein einzelnes Blatt zum Verkauf an. Der Preis ist sofort egal. Der Stein muss unser sein. Einen Schock haben wir dabei nicht erlitten. Alter und Herkunft wären aber nicht schlecht. Und so nennen wir nun ein Glossopteris aus dem Perm einer geschlossenen Lokalität von Australien unser Eigen, dessen Farben von Auguste Renoir auf den Stein gebracht worden sein könnten. Ein Traum in Form, Farbe und Ästhetik.

Ein paar Stände weiter finden wir in einer Schrabbelkiste Turmaline aus Afghanistan. Zwei Stufen finden unseren Gefallen und werden mitgenommen, da sie erhebliches Potential zum Trimmen zeigen.

Beim Verlassen der Halle treffen wir auf einen alten Bekannten, Peter Griss aus Köln. Auch er hat wieder ein paar wirklich schöne Fossilen am Stand, wo klar zu sehen ist, dass sie handverlesen sind.


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Peter Griss mit seinem Mineral- und Fossilangebot. Im Detail eine Krabbe aus Chile.

Gegen 11.30 verlassen wir das Ausstellungsgelände und bewegen uns mit dem Minenexpress zum Edelstein- und Schmuckbereich der Messe (GEM), welcher isoliert von dem Hauptteil ein paar hundert Meter entfernt angesiedelt ist. Auf dem Weg zur Bahn, fällt uns dieser Herr ins Auge, der mächtig zu schleppen hat.

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Manch einer hat es schwer...

Bereits im Zug sitzend und auf die Abfahrt wartend erscheinen am Straßenrand plötzlich tolle Gestalten in grellen Farben, die mit Passanten Schabernack treiben.

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Auf der GEM angekommen, wird erst einmal gespeist. Tarte Flambée, frisch bereitet, dazu ein Glas gut gekühlten Gewürztraminer, ein Genuss!

 

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Dann geht es wieder ins Getümmel. Leider sind hier nicht alle Stände zugänglich. Manche sind ausschließlich für Wiederverkäufer gedacht, andere blocken Interessierte mit Mindesteinkaufssummen. Das wird nicht nur von uns als wenig erfreulich empfunden.
Dennoch finden wir im großen Zelt einen netten Inder, der facettierte Edelsteine mit leichten Fehlern zu guten Preisen anbietet. Er verkauft sogar ohne Beleuchtung des Standes! Seine Philosophie: „Meine Steine müssen bei schwachem Licht schon gut sein, damit sie bei voller Beleuchtung meine Kunden noch mehr erfreuen“. Recht hat er, wie wir feststellen mussten. Sechs schöne Turmaline gingen in den eigenen Bestand über.

 

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Zu Fuß geht es zurück zur Hauptmesse. Nach kurzer Zeit treffen wir wieder auf einen alten Bekannten - Said Karkouri aus Marokko. Die Freude ist groß und er zeigt uns seine Trilobiten. Unser Interesse ist mäßig, da wir eigentlich keine Trilos mehr machen.

Irgendwann stehen wir vor dem Stand von Trifoss. Trilobiten und Solnhofener Fossilien in gewohnt guter Qualität.

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Anschließend geht es ins Revier der High-Roller, da wo es die hochpreisigen Mineralien gibt. Hier sieht man einige wirklich schöne Stufen.


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Auch Mineralien sind faszinierend!

 

Wieder im Freien angekommen, stolpern wir auf einen großen Stand zu, der gewaltige Amethystdrusen und große Wyomingplatten im Angebot hat.

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Hier noch ein paar abschließende Impressionen von der Messe:

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Links: der Kreisverkehr vor dem Rathaus, rechts: Geo-Expert.

 

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Links: Große Platten aus Marokko. Rechts: Sinnvolle Einsatzmöglichkeit für geschnittene und polierte Ammoniten.

 

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China-Präparat

 

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Dürfen nicht fehlen: Campanile giganteum

 

Mit Ende der Veranstaltung gegen 19 Uhr ging es durch die Berge zurück zum Quartier. Eine herrliche Landschaft. Hier der Blick von oben ins Val d´Argent.


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Am nächsten Morgen geht es dann über einen kleinen Umweg heim. Der Umweg führt wieder über eine Menge Kreisverkehre - zuerst nach Riquewihr. Dieser Ort zeichnet sich durch seine herrliche Altstadt aus. Man sollte hier, wenn man am Wochenende unterwegs ist, möglichst früh am Morgen erscheinen. Spätestens ab 11 Uhr wird das Städtchen von Touristen geflutet und das hierauf abgestimmte Gewerbe beginnt schnell zu nerven. Es folgen einige Impressionen:

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Mitgenommen haben wir von hier ein paar Kisten schönen Wein, die hoffentlich bis zum nächsten Besuch reichen werden.

 

 

Zusammenfassung:


Die Veranstaltung:
Die Messe ist erheblich besser geworden, nachdem sie durch die Stadt veranstaltet wird. Dies zeigt sich besonders dadurch, dass mehr Personal vorhanden ist, dass man freundlicher ist und überhaupt hat man den Eindruck, dass nun der ganze Ort an einem Strang zieht. Wie uns von einem mit dem Bürgermeister des Ortes bekannten Aussteller mitgeteilt wurde, hat Monsieur Abel es offensichtlich geschafft die Bürger davon zu überzeugen, dass dies nun eine Veranstaltung für die Stadt ist. Und das merkt man ganz deutlich.
Erfreulich ist auch eine qualitative Selektion der Veranstalter. Nicht jeder bekommt einen Stand. Greifen wird dies vermutlich aber erst in den kommenden Jahren. Vielleicht wird auch eine Qualitätskontrolle eingeführt, wie man sie von Hamburg kennt?

Das Angebot:
Hier ist für jeden etwas dabei. Mineralien, Fossilien, Edelsteine und selbstverständlich auch Dinge für die Esoteriker. Gut gefallen hat uns auch die Durchmischung der Anbieter. Nicht alle Verkäufer einer Warengruppe auf einem Haufen, was manchmal einer Internierung gleichen kann, das lockert die ganze Veranstaltung deutlich auf.
Auch was die Qualität betrifft, trifft dies zu. High-End findet sich genauso wie Ramsch, Authentisches ebenso wie Montagen oder Falsifikate. Das lässt sich nicht verhindern. Und noch eines sollte man immer bedenken! Seid tolerant, nicht jeder will ein unverfälschtes Fossil. Manch einer will einfach ein tolles Deko-Objekt und wenn ihm da Montagen oder Kompositionen genügen, dann ist das doch auch in Ordnung.
Entgehen kann man einer Falle nur dann, wenn man den Mund aufmacht und fragt und sich prinzipiell eine Quittung geben lässt. Sollte man sich dann nicht sicher sein, Pfand hinterlegen und eine Zweitmeinung einholen. Dies gilt im Übrigen für alle Messen.

Das Umfeld:
Französisch herb und kulinarisch toll - eine wunderbare Kombination. Ein gewichtiger Grund sich etwas mehr Zeit zu nehmen, um zu genießen was in heimischen Regionen mitunter nicht mehr so einfach zu finden ist. WWW bekommt hier eine völlig neue Bedeutung: Weißbrot, Weichkäse und Weißwein.

Die Organisation:
Nach mehreren Gesprächen mit verschiedenen Anbietern ist auch hier ein deutlich positiver Tenor zu erkennen. Mehr Personal, bessere Organisation, deutlich freundlicher. Wie schon erwähnt, scheint es Bürgermeister Abel geschafft zu haben, den Bürgern klar zu machen, dass es nun ihre eigene Veranstaltung ist, dass sie es für sich selber machen und nicht um die Taschen eines Veranstalters zu füllen. Ein mehr als positiver Ausblick in die Zukunft, denn wenn es so bleibt, vielleicht sogar noch besser wird, dann wird eine mögliche Konkurrenzveranstaltung, wie vom vorherigen Ausrichter bereits für 2012 geplant und ins Wasser gefallen, sicher keine Chance haben und das ist auch gut so! Europa braucht eine solche familiäre Veranstaltung unter freiem Himmel, die mehr einem Happening ähnelt.


Wir werden wieder hinfahren! Dann wohl mit etwas mehr Zeit für das „la vie en rose“ Drumherum!

 

Udo Resch