Die Mineralientage München 2016 - eine Börse mit Fundpotential für Stachelhäuter

Die Fossilien- und Mineralienfreunde Pegnitz besuchen traditionell am Messesonntag die Münchner Mineralientage. Organisiert wird die Börsenexkursion von Klaus Friede. Er ist die Seele des locker organisierten Vereins. Jeweils am ersten Samstag eines Monats treffen sich die Mineralien- und Fossilienfreunde im Zipser Schießhaus (Gaststätte Schießhaus, Am Zipser Berg, 91257 Pegnitz) um bei gutem und preisgünstigem Essen und Trinken zu „Fachsimpeln“ sowie anschließend einen Bildvortrag zu hören. Eine Woche vor den diesjährigen Börsentagen vom 28.- 30. Oktober 2016 fasste ich den Entschluss mitzufahren. Nur durch die kurz zuvor erfolgte Absage eines Sammlerkollegen war ein Platz im Bus für 50 Personen freigeworden. Eine kleine Gruppe der Pegnitzer Sammlerfreunde hatte sogar schon am Freitag die Börse besucht und vorab Bericht erstattet. Der Freitag ist den registrierten Fachbesuchern, also v. a. den Händlern, vorbehalten. Vier große Hallen waren zu besichtigen, wobei die Fossilien laut Plan in der Halle A5 zu finden waren. Da meine Frau diesmal nicht mit dabei war, hat sich mein Interesse auf die Fossilien beschränkt. Die Hallen mit Schmuck und sonstigen Glitzersteinen habe ich nicht einmal betreten. Angekündigt war eine Sonderausstellung zu Mineralien und Fossilien mit dem Thema: "Die verborgenen Schätze der Museen". Faszinierende Exponate renommierter Museen aus allen Teilen der Welt erwarten die Besucher, wurde plakatiert. Laut Prospekt haben sich insgesamt 24 Museen an der Sonderausstellung beteiligt. Highlight der Ausstellung waren zwei ausgestopfte Riesenalke. Dabei handelt es sich um ausgestorbene flugunfähige Seevögel. Sie besitzen Ähnlichkeit mit Pinguinen, sind aber nicht mit ihnen verwandt. Durch die Brille eines Fossiliensammlers bzw. Hobbypaläontologen gesehen, beschreibt das Wort „enttäuschend“ diese Ausstellung umfassend. Keine Einzelmeinung: Abgesichert wird diese Feststellung durch die nachträgliche Befragung von etlichen mitgereisten Fossilien- und Mineraliensammlern. Zitat einer Bildbeschreibung aus der offiziellen Pressemitteilung der Münchner Mineralientage: „Kaum zu erkennen und unbeachtet lagen die Knochen eines der vollständigst erhaltenen Dodo-Skelette weltweit in der Vitrine.“ Das trifft auch für die Münchner-Präsentation der Knochen den Punkt. Wenn man es nicht besser wissen würde, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die verborgenen Schätze der Museen nur eine Legende sind. Aus mineralogischer Sicht gab es Exponate zur Pionierarbeit des Wegbereiters der modernen Mineralogie, Friedrich Mohs, zu sehen. Sein Bildnis auf einem Lithografiestein war ausgestellt (Abb. 1).

 

Abbildung 1

Abb. 1: Lithografiestein aus dem Solnhofener-Plattenkalk als Druckform für ein Bild des Mineralogen Friedrich Mohs.

 

Mineralien in allen Variationen dominierten die Hallen A5 - A6 und boten eine beeindruckend farbenprächtige Optik (Abb. 2 a-h).

 

Abbildung 2

Abb. 2 a-e: Mineralien konnten in allen erdenklichen Farben und Formen betrachtet und erworben werden, darunter ganz "profane" Dendriten auf Plattenkalk (mitte rechts) und schöne Pyritwürfel (unten).

 

Abbildung 2b

Abb. 2 f-h: Auch das Auge des Fossiliensammlers kann sich an der Farbenpracht von Mineralien erfreuen, wie z. B. an den Wismut-Kristallen im unteren Foto.

 

Immer wieder ein Augenschmaus sind die sogenannten Widmanstätten-Strukturen und die Pallasite mit ihren Olivineinlagerungen (Abb. 3 a-c).

 

Abbildung 3 1

Abb. 3 a: Widmanstätten-Struktur in der angeätzten Oberfläche eines Meteoriten.

 

Abbildung 3a b

Abb. 3 b und c: Pallasite bestehen aus Olivinkristallen, die in einer Matrix aus Nickel-Eisen eingebettet sind.

 

Pallasite gehören zur Gruppe der Stein-Eisen-Meteorite. Widmanstätten-Gefüge entstehen, wenn Eisenmeteoriten angeschliffen, poliert und schließlich mit Salpetersäure geätzt werden. Diese Strukturen können auf der Erde nicht künstlich reproduziert werden. Ein absolut fälschungssicheres Material also. Diese Aussage könnte man für die marokkanischen Fossilien (Abb. 4 a-f) sicherlich nicht unterschreiben. Sie dominierten das Fossilangebot in der Halle A5.

 

Abbildung 4 1

Abb. 4 a: Geschliffene und polierte Platte mit gestreckten Nautiliden aus Marokko.

 

Abbildung 4 2

Abb. 4 b: Mosasaurier-Zähne aus dem Maastrichtium (Oberkreide) von Marokko.

 

Abbildung 4 3

Abb. 4 c: Marokkanische Tischimpressionen - Vertebraten.

 

Abbildung 4 4

Abb. 4 d: Marokkanisches Wirbeltiermaterial.

 

Abbildung 4 5

Abb. 4 e: Man sollte genau hinschauen, da die reichlich vorhandenen Einzelzähne und Knochenfragmente nicht selten zu scheinbar artikulierten Kiefern zusammengesetzt werden. Die geschieht technisch auf mehr oder weniger professionelle Art und Weise. Wer sich nicht sicher ist, sollte vor einem Kauf unbedingt den Rat von Fachleuten suchen.

 

Abbildung 4 6

Abb. 4 f: Von Bojen-Seelilien der Art Scyphocrinites elegans aus dem Devon von Marokko gab es größere (wie diese) und kleinere Platten (vgl. Abb. 13 a) im Angebot zu sehen.

 

Nicht nur auf den Auslagen der marokkanischen Verkaufsstände waren die im Steinkern-Forum beliebten "Kringel" (Ammoniten) und "Krabbler" (Trilobiten) allgegenwärtig (Abb. 5 a-c).

 

Abbildung 5 1

Abb. 5 a: Ein Lytoceras mit eindrucksvollen Kragenringen (restauriert?).

 

Abbildung 5 2

Abb. 5 b: Stufe mit Vertretern der Ammoniten-Familie Arietitidae in Vergesellschaftung mit Gryphaea arcuata aus dem Sinemurium der Bourgogne (Frankreich) umrahmt von weiteren Ammoniten und von Trilobiten.

 

Abbildung 5 3

Abb. 5 c: Trilobiten der Ordnung Harpetida aus Marokko.

 

Bei vielen Ammoniten verschmilzt die Grenze zwischen Mineral und Fossil in einer besonders ästhetischen Art und Weise (6 a-c).

 

Abbildung 6 a c

Abb. 6 a-c: Irisierende Ammoniten wie das obige Exemplar sind in dieser Qualität äußerst selten und werden entsprechend hoch gehandelt. Ebenfalls sehr schön und in der Regel deutlich günstiger zu haben sind aufgesägte Exemplare (oft aus Madagaskar) die in ihrem Inneren eine attraktive Kammerung und unterschiedliche mineralische Füllungen zeigen.

 

Gleiches gilt für die in allen Farbvariationen, teilweise regelrecht knallbunt gefärbten und in Scheiben geschnittenen versteinerten Baumstämme. Sie wurden zumeist als Tischplatten angeboten (Abb. 7 a und b).

 

Abbildung 7 1

Abb. 7 a: Gesägt, geschliffen und poliert wird diese Baumscheibe zum Möbelstück - wer´s mag.

 

Abbildung 7 2

Abb. 7 b: Der Variabilität der Schliffbilder versteinerter Hölzer sind kaum Grenzen gesetzt.

 

Versteinerte Fische aus den verschiedensten Erdzeitaltern waren immer wieder lohnende Fotomotive (Abb 8 a-d).

 

Abbildung 8 a b

Abb. 8 a: Positiv und Negativ eines Kugelfisches aus dem Plattenkalk.

 

Abbildung 8 4

Abb. 8 b: Besenfisch aus dem Solnhofener Plattenkalk.

 

Abbildung 8 3

Abb. 8 c: Auch Fische aus "internationalen Gewässern" waren in München vertreten, so auch dieses Exemplar des Barschartigen Priscacara aus dem Eozän von Wyoming (USA).

 

Abbildung 8 5

Abb. 8 d: Noch ein Fisch, sehr wahrscheinlich ebenfalls aus dem Eozän von Wyoming.

 

Einen besonders großen und attraktiven Messel-Fisch durfte ich nicht ablichten. Das neue Kulturgüterschutz-Gesetz lässt grüßen. Wie sich damit die vielfach angebotenen Steinzeitartefakte in Einklang bringen lassen, ist ein ähnlich geartetes Kapitel (9 a-b).

 

Abbildung 9 1

Abb. 9 a: Überschliffenes Steinbeil aus kristallinem Gestein.

 

Abbildung 9 2

Abb 9 b: Faustkeil aus Flint.

 

Im weitesten Sinne "einheimische Fossilien" waren in der Minderheit und nach den für mich interessanten Triasfossilien (Abb. 10 a und b) musste man schon genau suchen.

 

Abbildung 10 1 kl

Abb. 10 a: Platte mit Trias-Fischen aus dem Wiestal bei Hallein (Österreich). Ansicht vergrößern.Interessante Informationen über die Erforschung des norischen Fischschiefers von Hallein können im Artikel der Autoren Wolf, G., Moosleitner, G. & Hornung, T. mit dem Titel "Die norischen Fischschiefer des Wiestals bei Hallein" nachgelesen werden.

 

Abbildung 10 2

Abb. 10 b: Diese Seelilienkrone von Encrinus liliiformis aus dem Oberen Muschelkalk von Alverdissen wurde auf der Rückseite einer Schwemmrinne eingebettet.

 

Eine gezielte Nachfrage führte zum Kauf eines Placodus-Vorderzahns (Abb. 11) aus Rüdersdorf. Nach Auskunft des Händlers ein Altfund aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg.

 

Abbildung 11

Abb. 11: 17 mm langer Vorderzahn eines Pflasterzahnsauriers aus dem Muschelkalk von Rüdersdorf.

 

Ein Verkaufstand mit Fossilien aus dem Unteren Jura machte einen ausgedünnten Eindruck. Hier wurde anscheinend in den Vortagen gut verkauft. Aber diverse Fischsaurier-Knochen und mit ihren Stielen an Baumstämmen festgeheftete Seirocrinus-Seelilien waren noch zu haben (Abb. 12 a-d). Wunderschöne Seirocrinus-Platten für den großen und sehr großen Geldbeutel konnten bestaunt werden.

 

Abbildung 12 1

Abb. 12 a: Seirocrinus-Kolonie aus dem süddeutschen Toarcium, angeheftet an einem Treibholz.

 

Abbildung 12 2

Abb. 12 b: Seirocrinus, angeheftet an einem Treibholz.

 

Abbildung 12 3

Abb. 12 c: Auch dieses Stück ist ein Augenschmaus für Stachelhäuterfans: eine einzelne Seirocrinus.

 

Abbildung 12 4

Abb. 12 d: Diese sich gegenseitig umschlingenden Seirocrinus haben eine eigene Ästhetik; kunstbeflissene Leser wird dieses Gesamtkunstwerk der Natur vielleicht ein wenig an die im Vatikanischen Museum ausgestellte Laokoon-Gruppe erinnern.

 

Bemerkenswert ist, dass am Sonntag (3. Messetag) das Angebot von Stachelhäuter-Fossilien an den verschiedensten Ständen noch erstaunlich vielfältig und reichhaltig war (Abb. 13 a-n).

 

Abbildung 13 1

Abb. 13 a: Noch einmal Bojen-Seelilien der Art Scyphocrinites elegans aus dem Devon von Marokko.

 

Abbildung 13 2

Abb. 13 b: Eine sehenswerte Schlangensternplatte aus Marokko.

 

Abbildung 13 3

Abb. 13 c: Schlangenstern der Art Palaeocoma egertoni aus dem Oberpliensbachium (Unterjura) von Eype in Dorset (Großbritannien). Über den Fundort wurde kurz in der Steinkern-Zeitschrift Nr. 9 und anschließend auf Steinkern.de in der Rubrik "Für Abonnenten" unter dem Titel Mehr über den Schlangenstern vom Thorncombe Beacon berichtet. Mit etwas Glück kann man an diesem Fundort offenbar auch selbst in dem Verschüttungseventhorizont fündig werden.

 

Abbildung 13 4

Abb. 13 d: Seelilienplatte mit mehreren Kronen von Traumatocrinus aus der Trias von China. Ansicht vergrößern.

 

Abbildung 13 5

Abb. 13 e: Detailaufnahme Traumatocrinus.

 

Abbildung 13 6

Abb. 13 f: Isocrinus?

 

Abbildung 13 7

Abb. 13 g: Perfekt artikulierte Crinoidenkronen aus dem Karbon von Indiana (USA), hier zwei Agaricocrinus americanus. Die klassischen Lokalitäten liegen beim Ort Crawfordsville.

 

Abbildung 13 8

Abb. 13 h: Weitere amerikanische Karbon-Seelilie mit gut zu studierenden mehrfachen Armteilungen.

 

Abbildung 13 9

Abb. 13 i: Isocrinus oregonensis aus dem Oligozän von Oregon (USA).

 

Abbildung 13 10

Abb. 13 j: Detailansicht einer Krone der Stufe von Abb. 13 i.

 

Abbildung 13 14

Abb. 13 k: Auch Stachelhäuter aus dem Unterdevon von Bundenbach fehlten in München nicht.

 

Abbildung 13 a c

Abb. 13 l-n: See- und Schlangensterne aus der rheinland-pfälzischen Konservatlagerstätte Bundenbach brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Der große Schlangenstern (oberes Foto) ist ein Furcaster palaeozoicus.

 

Es gab noch reichlich mehr zu sehen, auch von anderen Fossilgruppen, wie Abb. 14 a-c stellvertretend zeigen.

 

Abb14 Sonstiges

Abb. 14: V.l.n.r.: Sandgestrahlter schalenerhaltener Gastropode, fossiler Farn, Keichosaurus aus China.

 

Wegen der Seltenheit einiger Seelilienstufen war der „Haben-Müssen-Impuls“ bei mir nur durch die Tatsache beherrschbar, dass ich meine EC-Karte zuhause vergessen hatte und ansonsten mein „Pulver“ schon verschossen hatte. Schwach beladen mit den schon erwähnten Placodus-Zahn sowie einer Seelilienplatte und diverser Literatur wurde die Heimfahrt angetreten.

 

Ralf Hildner