Tag des Geotops: Die Dinosaurierfährten von Obernkirchen

Am 21.09.2008 lud die Obernkirchener Sandsteinbrüche GmbH zum Tag des Geotops ein. Anlass war die kürzlich bekannt gewordene Entdeckung zahlreicher Dinosaurierspuren, wovon insbesondere die Spuren von Dromaeosauriern ("Raptoren") für wissenschaftliches Aufsehen sorgten. In zahlreichen Zeitungen und Fernsehsendungen wurde daher im Vorfeld über die Entdeckung in Obernkirchen berichtet. Grund genug, dass sich auch einige "Steinkerne" auf den Weg nach Obernkirchen machten.
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Abb. 1 - Die "Steinkerne" Sönke, Mike und Matthias. Ich selbst war auf der anderen Seite der Kamera ... ;-)

Wegen der zahlreichen Berichte im Vorfeld und der interessanten Funde haben wir schon mit einigen hundert Besuchern gerechnet. Doch spätestens, als wir vom Personal wegen überfüllter Parkplätze in eine Parklücke eingewiesen wurden, die noch 1km vom Steinbruch entfernt war, wurde uns klar, dass unsere Schätzung deutlich daneben lag.
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Abb. 2 - Es dauerte eine Weile vom Parkplatz bis zu diesem Wegweiser...

Die Fährten waren zweifelsohne die Hauptattraktion des Tages. Rund herum gab es aber zahlreiche Informationen sowie Vorführungen zum Steinbruchbetrieb. Infotafeln erläuterten wo der Obernkirchener Sandstein zum Einsatz gekommen ist. Man staunt dann auch nicht schlecht, wenn man die Bilder des weißen Hauses und des Kölner Doms sieht. Nebenan wurde vorgeführt, wie aus riesigen Sandsteinbänken handliche Stücke gemacht wurden (schade, dass die Gerätschaften so teuer sind. Das bräuchte man manchmal auch als Sammler...)
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Abb. 3 - Infotafeln mit Bauwerken, bei denen der Obernkirchener Sandstein zum Einsatz kam.

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Abb 4 - Vorführung der Steinbearbeitung

Die Führungen durch den Bruch zu den Fährten wurden in großen Gruppen im viertelstunden Takt durchgeführt. Eine echte Herausforderung für die Referenten an den jeweiligen Stellen, die jedoch hervorragend gemeistert wurde. Eingeleitet wurde die Führung mit allgemeinen Erklärungen bezüglich der Gegebenheiten an diesem Ort zu Beginn der Kreidezeit (140 Mio Jahre) als die Spuren enstanden sind. Es folgten dann detailierte Erläuterungen zu den gefundenen Fährten.
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Abb. 5 - Den großen Besuchergruppen wurden zunächst die Bedingungen zu Beginn der Kreidezeit erklärt.

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Abb. 6 - Anschließend wurde die Deutung der Fährten erläutert.

Die Forscher gehen derzeit davon aus, dass es sich  beim Fundort früher um eine kleine Lagune gehandelt haben muss, die gezeitenabhängig zeitweise kein Wasser führte und dann von Landtieren passiert werden konnte. Die Fährten wurden größtenteils von Iguanodon erzeugt, einem weit verbreiteten pflanzenfressenden Dinosaurier.
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Abb. 7 - Spur eines Iguanodon

Als Besonderheit wurden auf einem Plateau Spuren einer Mutter mit Kind entdeckt, die scheinbar im Verbund mit einer Herde gezogen sind.
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Abb. 8 - Lange Spur einer Iguanodon Mutter mit Kind

Nahe der Steinbruchsohle befindet sich die zweite Fährtenfundstelle. Hier herrscht regelrecht ein Fährtechaos und kein so klares Bild wie bei den oben erwähnten Iguanodonspuren. Demnach war dieses Areal länger trockengefallen und die Spuren so über einen längeren Zeitraum entstanden.
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Abb. 9 - Fundstelle nahe der Grubensohle

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Abb. 10 - Natürlich fand auch hier eine fachkundige Führung statt.

Auffällig ist hier, dass neben den Iguanodonspuren auch Spuren zahlreicher Raubsaurier gefunden wurden. Genannt wurden Allosaurus und Vertreter der Dromaeosaurier, den sogenannten Raptoren. Die wohl bekanteste Gattung der Dromaeosaurier dürfte der Velociraptor sein. Bemerkenswert ist, dass es sich hierbei um den Erstnachweis von Dromaeosauriern in Europa handelt. Zudem fand sich hier die längste bisher gefundene zusammenhängende Spur der Dromaeosaurier sowie erstmals eine Standspur, die zeigt, dass die Tiere wie die heutigen Vögel ihre Beine im Stand eng beieinander gestellt haben. Typisch für Spuren von Dromaeosauriern ist der Abdruck von nur zwei Zehen. Der dritte Zeh wurde während des Laufens angehoben, da sich an ihm eine große Kralle zum Erlegen der Beute befand.
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Abb. 11 - Spur von Allosaurus einem ca. 10 Meter langen Fleischfresser. Gut erkennbar am Abdruck der Krallen sowie dem segmentierten Aufbau der Zehen.
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Abb. 12 - Standspur von einem Dromaeosaurier
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Abb. 13 - Weitere Spuren dieser Art. Hier sieht man auch den Abdruck des Kugelgelenks, an welchem sich der Zeh mit der großen Kralle befand.

Abschließend möchte ich den Veranstaltern sowie Referenten herzlich für die gewonnenen Eindrücke und den rundum gelungen Tag des Geotops danken. Es war beeindruckend zu sehen wie viele Menschen sich für die Paläontologie begeistern können. Das merkten wir auch noch einmal bei unserer Abfahrt, die durch die zugeparkten Straßen erschwert wurde. Uns wurde damit auch klar, dass wir mit dem einen Kilometer bis zum Steinbruch gut bedient waren. Die letzten Autos standen über 3km weit vom Steinbruch entfernt.
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Abb. 14 - Die erschwerte Abfahrt aufgrund der Besuchermassen. Das nimmt man aber gerne in Kauf.

Es waren Besuchermassen, von denen man bei so manchem Rockkonzert nur träumen kann. Ein deutlicher Hinweis darauf, wie wertvoll eine solche Fundstelle für die ganze Region sein kann - denn die beste Nachricht kommt zum Schluss: Die Fährten bleiben uns allen an Ort und Stelle erhalten und werden in absehbarer Zeit generell für Besucher zugänglich gemacht und  mit Infotafeln versehen. Palaeontologie zum Anfassen!

Urheberrechtlicher Hinweis:
Abb. 2, 3, 7, 11 und 14: Sönke Simonsen
Restliche Abb.: Andreas Martin

Kurz nach "Redaktionsschluss" erreichten mich noch Bilder von Mike Polschinski, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Sie sind im Vorfeld des Besuchertags gemacht worden und ermöglichen so einen besseren und um so beeindruckenderen Überblick. Vielen Dank an Mike für diese Bilder, die trotz schlechtem Wetter - und damit schwer zu fotografierenden Spuren - einen guten Eindruck über die Ausmaße der dortigen Funde vermitteln.

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Abb. 15 - Lange Iguanodon-Fährte

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Abb. 17 - Blick auf das "Spurenchaos" der unteren Fundstelle.

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Abb. 17 - Typischer Abdruck von Allosaurus mit deutlich erkennbaren Krallen und segmentierten Zehen.