Zeitkapsel Bernstein. Lebewesen vergangener Welten Ein faszinierender Blick auf die urzeitliche Flora und Fauna

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Pseudoskorpion. Foto Max J. Kobbert

 

Am 3. Oktober 2015 eröffnete das Staatliche Naturhistorische Museum in Braunschweig seine neue Sonderausstellung „Zeitkapsel Bernstein. Lebewesen vergangener Welten“. Gezeigt werden nicht nur Bernsteine aus den eigenen Beständen des Museums, sondern auch seltene und einmalige Stücke aus den Sammlungen von vier bedeutenden privaten Leihgebern und Bernsteinexperten. Die Ausstellung fokussiert auf die Bernsteinsorte des sogenannten Baltischen Bernsteins, unter anderem kann man den weltweit größten Block aus Baltischem Bernstein bewundern.


Bernstein entsteht aus Harz von Nadel- oder Laubbäumen, das schon vor Jahrmillionen aus den Bäumen des sogenannten Bernsteinwaldes heraustrat und sich zu einer festen Form erhärtete. Einmal gefestigt, warten die von hellgelb, goldgelb bis hellbraun leuchtenden Steine nur darauf, gefunden zu werden. Wie ein natürliches Konservierungsmittel hat das ursprünglich flüssige Harz jedoch vor dem Erstarren manchmal noch Pflanzen oder kleine Tiere umschlossen. Diese Art von Einschlüssen werden in der Fachsprache Inklusen genannt. Wie die Ausstellung eindrucksvoll belegt, können das beispielsweise Pilze, Blüten, aber auch Insekten wie Fliegen, Spinnen oder sogar größere Lebewesen wie Reptilien und Haare von Halbaffen sein. Vor vielen Millionen Jahren vom Harz überrascht, geben sie jetzt ein Zeugnis des Lebens in der urzeitlichen Natur ab. Bei diesem faszinierenden Einblick in die Flora und Fauna des subtropischen Bernsteinwaldes sind die in den Bernstein eingeschlossenen Tiere und Pflanzen selbst in ihren Details perfekt erkennbar. Besucher haben die Möglichkeit, die Inklusen sowohl im Original als auch in Vergrößerung zu betrachten, sodass Floh, Skorpion, Käfer, Schnecke und Eidechse sowie die zahlreichen weiteren tierischen und pflanzlichen Einschlüsse voll zur Geltung kommen. Egal ob die Begegnung zwischen Fliege und Milbe, Spinnen bei der Jagd nach Nahrung, Mücken bei der Paarung oder Ameisen beim Kampf – in den Bernstein gebannt, entfalten sich unter dem aufmerksamen Auge des Betrachters interessante wie dramatische Szenen.

 

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Mücken bei der Paarung. Foto Carsten Gröhn

 

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Springspinne im Baltischen Bernstein. Foto Carsten Gröhn 

 

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Floh Palaeopsylla groehni. Foto Carsten Gröhn


Der Baltische Bernstein ist eine Bernsteinsorte, die vor allem im Baltikum und in Polen, aber auch in Norddeutschland vorkommt. Der in der Ausstellung gezeigte Baltische Bernstein ist ca. 50 Millionen Jahre alt und wurde im Gebiet des damals dort existierenden Bernsteinwaldes gefunden - vor allem an der heutigen Ostseeküste, aber auch am Strand der Nordsee und im Erdreich des Niedersächsischen Binnenlandes. So ist beispielsweise in der Korrespondenz Herzog Carls I. von Braunschweig ein Bernsteinfund bei Wolfsburg von 1765 belegt. Der dunkelgelbe Bernstein des Braunschweiger Umlandes war so hell und durchsichtig, dass er die Handelsbezeichnung „Braunschweiger Klar“ erhielt. Aber nicht nur der regionale Bezug wird präsentiert, sondern auch Bernsteine aus anderen Teilen der Welt und ihre genauso seltenen wie exotischen Inklusen werden gezeigt - zum Beispiel Geckos in dominikanischem und burmesischem Bernstein. Weil der in der Ausstellung vorgestellte Burmesische Bernstein schon 100 Millionen Jahre alt ist, wäre es möglich, dass einige der in Burma-Bernstein eingeschlossenen Federn nicht von Vögeln, sondern von gefiederten Dinosauriern aus der Kreidezeit stammen.

 

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Vogelfeder in Baltischem Bernstein. Foto Carsten Gröhn

 

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Eine weitere Vogelfeder im Detail. Foto Carsten Gröhn


Neben der Frage, wie Bernstein entstanden ist und wo er herkommt, wirft die Ausstellung auch einen Blick auf dessen Kulturgeschichte. Bernstein zieht die Menschen schon seit Jahrhunderten in seinen Bann. Als einzige Kostbarkeit biologischen Ursprungs wurde er seit der Steinzeit als Schmuckstück und Zierstein gehandelt. Auch das antike Ägypten und Griechenland schätzten das fossile Baumharz, und im Mittelalter hatte ein Gramm Bernstein den Wert von einem Gramm Gold. Die hiesigen Herrscher des 18. Jahrhunderts waren begeistert von dem wunderschönen Stein: In einem Salzdahlumer Katalog von 1735 sind zahlreiche Bernsteinexemplare verzeichnet, die als prestigeträchtige Objekte über die Jahre Eingang in die herzoglichen Sammlungen gefunden hatten. Nicht ohne Grund wurde Bernstein darum als das „Gold der Meere“ bezeichnet. Gehandelt wird heute nicht nur der wertvolle, echte Bernstein, sondern auch zahlreiche Bernsteinfälschungen sind im Umlauf. Der Unterschied zwischen Imitat und echtem Stein sowie die Bearbeitung von Bernstein bildet das die Ausstellung abrundende Thema.


BEGLEITPROGRAMM

Führungen
• Gruppenführungen (Dauer ca. 60 Minuten) Kosten 45 € zzgl. ermäßigter Eintritt Anmeldung unter Tel 0531/28892-12
• Die Gruppenführungen können auf Nachfrage für Schulklassen ab dem 5. Schuljahr angepasst werden. Kosten 25 € inkl. Eintritt

Vortrag
16.03.2016 (19 Uhr): Fälschungen von Bernstein, lnklusen und anderen Fossilien
Werner Kraus (RWTH Aachen), Kosten: 3 €, für Mitglieder der Gesellschaft für Naturkunde e.V. freier Eintritt

Weitere Termine für die Folgemonate und die detaillierte Vortragsreihe zur Ausstellung unter:
www.naturhistorisches-museum.de

 


DATEN UND FAKTEN

Laufzeit: 3. Oktober 2015 bis 22. Mai 2016


Öffnungszeiten: Dienstag – Sonntag 9 – 17 Uhr, Mittwoch 9 – 19 Uhr, Montag geschlossen
Eintrittspreise: Erwachsene 5 €, ermäßigt 3 €, Kinder (6-14 Jahre) 2 €, freier Eintritt für: Kinder unter 6 Jahren, Lerngruppen (für jeweils 5 Kinder ist eine Begleitperson ebenfalls frei), eine Begleitperson von darauf angewiesenen Schwerbehinderten und Mitglieder der Gesellschaft für Naturkunde



Presseinformation: Ann Christin Bakhos & Silke Röhling (Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig)

 

DISKUSSION UND WEITERE FOTOS

Die Ausstellung ist Gegenstand eines Beitrags im Bernstein-Forum, der hier zu finden ist, dort werden weitere Fotos gezeigt und es kann über die Ausstellung diskutiert werden.