Jurameer – Niedersachsens versunkene Urwelt

Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum Braunschweig:

Jurameer – Niedersachsens versunkene Urwelt

 

Das Staatliche Naturhistorische Museum Braunschweig zeigt bereits seit dem 1. April 2014 eine Sonderschau unter dem Titel "Jurameer – Niedersachsens versunkene Urwelt". Diese läuft noch bis zum 30. November 2014 und ist für jeden Fossiliensammler einen Ausflug wert, davon konnte ich mich bei meinem Besuch Mitte Juli überzeugen.

In der Sonderausstellung werden auf 80 Quadratmetern Ausstellungsfläche etwa 230 Exponate gezeigt, die einen Querschnitt der Lebewelt des Jurameeres widerspiegeln, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit des Spektrums. Dennoch, es werden viele Tiergruppen und einige Pflanzenfossilien mit außerordentlich sehenswerten Exponaten gezeigt. Nicht nur aufgrund ihrer Größe herausragend sind u. a. die Skelette zweier in 3D freischwebend montierter Schwimmsaurier (Plesio- und Ichthyosaurier aus England) sowie weitere Fischsaurier aus dem Raum Braunschweig, Fischsaurier und ein Meereskrokodil aus Süddeutschland. Diese Exponate finden sich zusammen mit Fischen (darunter ein vollständiges Hybodus-Skelett aus dem Raum Braunschweig!), großwüchsigen Seelilien, Seeigeln, Ammoniten, Belemniten, Nautiliden, Muscheln, Schnecken, Insekten usw. in einer durch ein großes Diorama hervorragend dargestellten "Unterwasserwelt" wieder. Betritt man den Raum mit der Sonderausstellung, taucht man förmlich ins Jurameer ein!

Viele Exponate stammen aus der Region um Braunschweig. Zurückgegriffen werden konnte für die Sonderschau nicht nur auf die etwa 45 000 Fossilien umfassende Sammlung des Naturhistorischen Museums Braunschweig, sondern erfreulicherweise auch auf die Kollektionen mehrerer Privatsammler aus der Region, die bedeutende Sammlungsstücke mit einbrachten.

Einen Schwerpunkt der Ausstellung bilden die Fossilien aus dem Unteren Toarcium. Überregional wissen bisher fast nur Experten, dass der sog. Posidonienschiefer (Unteres Toarcium, Unterer Jura) im Raum Braunschweig eine ähnliche Fülle von Fossilien beinhaltet wie in Süddeutschland, doch langsam spricht sich durch die Grabungen und vielfältigen Aktivitäten des Braunschweiger Museums herum, dass der Posidonienschiefer Norddeutschlands ähnliche ideale konservatorische Bedingungen bot, wie der süddeutsche. Skelette von Sauriern, Fischen und sogar filigrane Insekten und Pflanzen wurden in einem Milieu am Meeresgrund abgelagert, welches so sauerstoffarm war, dass sie nicht von Aasfressern in ihre Einzelteile zerlegt werden konnten. Dies erklärt das Phänomen der annähernd perfekten Erhaltung der Fossilien aus dem Unteren Toarcium.

Es ist nicht nur jedes einzelne Exponat für sich genommen sehenswert, auch die Präsentation und Zusammenschau ist den Ausstellungsmachern gut geglückt. Die Vitrinen sind gut bestückt, aber keinesfalls überladen. Die Beleuchtung gut gewählt. Jedes Exponat ist mit Sorgfalt beschriftet. Bei vereinzelten Gattungs- oder Artbezeichnung bei den Invertebraten könnte man sich vielleicht im Detail streiten, doch darauf kommt es für das rundum positive Gesamtbild überhaupt nicht an. Man kann sich bei der Art der Präsentation gut auf die einzelnen Objekte konzentrieren und wird nicht von einer übertriebenen Masse gleichartiger Stücke erschlagen, wie das manchmal in Privatsammlungen (notgedrungen, des Platzmangels wegen) der Fall ist.

Verbunden mit dem Besuch der Dauerausstellung lohnt sich durchaus auch eine weite Anreise zum Museum. Die Dauerausstellung beinhaltet ebenfalls zahlreiche Fossilien, seit Kurzem u. a. den erst vor wenigen Jahren geborgenen "Michel aus Hondelage" - einer Grabgemeinschaft zweier Ichthyosaurier aus dem Toarcium - und einen Steneosaurier aus ebendiesen Schichten. Hinzu kommt der Dino-Saal mit Landsaurierskeletten und -fährten aus eigens vom Braunschweiger Museum durchgeführten Grabungen im Niger. Das Museum verfügt des Weiteren über eine bedeutende Sammlung eiszeitlicher Funde, zahlreiche Dioaramen mit Darstellung rezenter Lebensräume sowie Terrarien und Aquarien mit rezenten Tieren und ein Kuriositätenkabinett.

In Heft 4-2014 (Oktober 2014) der Steinkern-Zeitschrift folgt ein ausführlicher Bericht über die Sonderschau "Jurameer". An dieser Stelle wollte ich dennoch bereits vorab über die Ausstellung informieren, damit noch ein etwas längeres Zeitfenster zur Planung eines eigenen Besuchs dieser tollen Ausstellung verbleibt. Erste Impressionen, die schon einmal Lust auf mehr machen mögen, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Die von mir aufgenommenen Fotos dürfen mit freundlicher Erlaubnis durch Herrn Dr. Ralf Kosma vom Naturhistorischen Museum abgebildet werden.

 

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Abb. 1: Naturhistorisches Museum Braunschweig an der Pockelsstraße.

 

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Abb. 2: Ein hochbetagter Pflanzenfresser vor dem Staatlichen Naturhistorischen Museum.

 

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Abb. 3: Blick in den Ausstellungssaal mit der Sonderschau "Jurameer". Oben ist der Plesiosaurier Cryptoclidus eurymerus im Unterwasserflug zu sehen. In der Vitrine werden ästhetisch ansprechende Ammoniten aus der Region präsentiert.

 

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Abb. 4: Nur eine von vielen unterschiedlichen in der Sonderschau gezeigten Ammonitenarten: ein Macrocephalites, vor nicht allzu langer Zeit am Klieversberg in Wolfsburg gefunden von Henry Härtinger. Frank-Detlef Paul berichtete auf Steinkern.de über die Baustelle - hier geht es zum Artikel.

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Abb. 5: Blick auf die Krone der großwüchsigen Seelilie Seirocrinus aus dem Unteren Toarcium von Dotternhausen – Sammlung: Lutz Kaecke.

 

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Abb. 6: Großes Exemplar des Schmelzschupperfisches Lepidotes aus Schandelah, Sammlung: Michael Klopschar.

 

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Abb. 7: Noch ein Blick in den Ausstellungsraum.

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Abb. 8: Detailansicht eines Paddels des Plesiosauriers Cryptoclidus, der eine Leihgabe des Bonner Goldfuß-Museums ist.

 

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Abb. 9-12: Eindrücke aus dem Museum.

Oben links: Nachbildung eines Neandertalers im Lichtsaal des Museums.

Oben rechts: Eines von vielen naturgetreuen Dioramen: Biber, dargestellt in ihrem Lebensraum. Die plastischen Landschaftselemente gehen nahtlos in den malerisch dargestellten Hintergrund über.

Unten links: ein Igelfisch aus der "Schatzkammer", die eine Auswahl von Sammlungsbeständen aus dem Herzoglichen Naturalienkabinett, das vorwiegend im 16. und 17. Jahrhundert angelegt wurde, präsentiert.

Unten rechts: Im Kellergebäude werden viele unterschiedliche rezente Tierarten in Terrarien und Aquarien gehalten. Nicht jedem möchte man in freier Wildbahn begegnen – dann schon lieber fossil!

 

Sie finden das Staatliches Naturhistorisches Museum Braunschweig in der Pockelsstraße 10, 38106 Braunschweig.

Informationen über Öffnungszeiten und Eintrittspreise sind der Website des Museums unter www.naturhistorisches-museum.de unter dem Punkt "Besucherinfos" zu entnehmen.

 

Ich kann einen Besuch, besonders auch der Sonderschau "Jurameer" wärmestens empfehlen. Es lohnt sich! Wie eingangs erwähnt, ist die Ausstellung noch bis Ende November 2014 zu besichtigen.

 

Viel Spaß im Naturhistorischen Museum von Braunschweig!

Sönke Simonsen

 

Bericht und Fotos: Sönke Simonsen für Steinkern.de

 


 

 

Ein ausführlicher Bericht (16 Seiten, 22 Fotos) ist in "Der Steinkern - Heft 19" abgedruckt:

 

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Sonderschau im Naturhistorischen Museum Braunschweig:

Jurameer - Niedersachsens versunkene Urwelt

von Sönke Simonsen, Umfang: 16 Seiten

Das Staatliche Naturhistorische Museum Braunschweig präsentiert bis zum 30. November 2014 die reizvolle Sonderschau "Jurameer". Auf 80 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden zirka 230 Exponate präsentiert, die einen Querschnitt  der Lebewelt des Jurameeres abbilden. Auch die Dauerausstellung ist sehenswert, beherbergt sie doch u. a. einen „Fossilien-Saal“ und einen „Dino-Saal“. Ein Schwerpunkt der Sonderausstellung liegt bei den Fossilien des Toarciums (Unterjura), diese und weitere eindrucksvolle Exponate werden im Bericht großformatig abgebildet. Die Mehrzahl der Fossilien stammt aus dem Braunschweiger Umland, es werden aber auch Fossilien aus Dotternhausen gezeigt, so etwa der auf einem Laibstein liegende "Baby-Ichthyosaurier", den die nebenstehende Grafik zeigt.